Dies Domini – 2. Sonntag nach Weihnachten, Lesejahr B
Die Texte dieses Sonntags geben uns wieder eine Vielzahl von Bildern an die Hand, welche uns in sehr schöner und ausgeschmückter Sprache von dem Kommen der Herrlichkeit Gottes in diese Welt, die wir wieder in meist vollen Kirchen in den letzten Tagen feiern durften, berichten.So steht im Zentrum der Lesungen der Johannesprolog:
„Am Anfang war das Wort (…) Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist (…) Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,1-18).
Auf dieses Wort, das in Jesus Christus Fleisch angenommen hat, weist schon der Psalm voraus „Er sendet sein Wort zur Erde“. (Ps 147,15)
Und welche Bedeutung dieses Wort, Jesus Christus, für uns hat, das ist eindrucksvoll im Brief an die Epheser zu lesen:
„Er erleuchte die Augen Eurer Herzen, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid“ (Eph 1,18).
Nun steht aber all dieser Hoffnung, all diesen positiven Beschreibungen, die religiöse Realität im Deutschland des Jahres 2015 entgegen, die in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 29.12.2014 sehr umfassend beschrieben und analysiert wird. Dort heißt es:
„Das Christentum in Deutschland ist ideell bankrott“ und weiter „Kamphaus und Ratzinger, Modernisten und Traditionalisten, eifrige Reformer und eiserne Konservative, sie alle stehen in Deutschland vor einem gemeinsamen Scherbenhaufen“.
Auch wenn die Beschreibungen sicherlich sehr auf die Spitze getrieben sind, vor allem auch im Hinblick auf den bemühten Vergleich mit der DDR, die obwohl schon innerlich vor dem Kollaps stehend nach außen hin doch noch glänzte und Paraden veranstaltete, kann man die nüchterne Analyse doch nicht völlig von der Hand weisen. Wenn laut Umfragen zwischen Flensburg und Oberammergau mehr Menschen an Ufos als an das jüngste Gericht glauben, wenn der Glaube an die Auferstehung immer mehr verdunstet, dafür die Überzeugung, dass eine schwarze Katze Unglück bringen könnte aber zunimmt, dann sind wir schon weit von dem entfernt was einmal das christliche Abendland war.
Und es wird schon in diesem ersten Teil der Analyse etwas deutlich, was wir innerkirchlich häufig vergessen, nämlich, dass das Kernproblem nicht die Frage nach der kirchenpolitischen Couleur ist – denn das interessiert die Menschen kaum – sondern viel mehr danach, wie wir die Botschaft des für uns in die Welt geborenen Herrn vermitteln können. Dem viel beschworenen Zeitgeist, auf den man Rücksicht nehmen müsse und dem die Kirche sich anpassen solle, erteilt der Autor des Artikels in der FAS jedenfalls eine deutliche Absage, indem er auf zwei Aspekte hinweist: 1. Die evangelische Kirche hat sich aufrichtig bemüht, auf den Zeitgeist einzugehen, es gibt weder den Zölibat noch die Beschränkung des Pfarramtes auf den Mann, es gibt eine volle Akzeptanz von Homosexuellen und Geschiedenen und vieles mehr. Und dennoch befindet sich die evangelische Kirche in keiner besseren Lage als die katholische. 2. Wenn es nicht mehr um zeitlose und unverfügbare Wahrheiten geht, wenn die Auferstehung beispielsweise nur noch symbolisch verstanden zu werden braucht und Jesus nicht mehr als Sohn Gottes, sondern „nur“ noch als vorbildlicher Mensch, ähnlich wie Buddha oder Gandhi, dann ist das, was übrig bleibt, nichts mehr als pures Menschenwerk, womit uns der Kern unseres Glaubens abhanden gekommen ist.
Vielleicht befinden wir uns an der Stelle, die in der Mitte des Johannesprologs beschrieben wird
„Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht“ (Joh 1,10).
Woran dieses „nicht-Erkennen“ liegen könnte, auch darauf gibt der Autor eine bedenkenswerte Antwort:
„Vielleicht steht sich der Mensch von heute mit seiner aufgeklärten Schlauheit auch manchmal selbst im Weg. Glaube braucht einen Schuss Naivität, die Bereitschaft, die Kontrolle aus der Hand zu geben und sich auf Unbegreifliches einzulassen. Tastend und hoffend.“
Die Frage, die sich dann natürlich stellt, ist ob und wenn ja was wir als „Kirche“ an dieser Situation verändern können. Als Ratschlag für jede Beziehung heißt es: man kann nur sich selber ändern, nicht aber den anderen. Vielleicht können wir also nicht mehr tun, als die Botschaft zu verkünden und zu leben, als authentisch zu zeigen, dass ein Leben im Glauben an Gott mehr „Sinn“ macht als ohne. Dass Gott die Antwort auf die Fragen, die jeden Menschen umtreiben, nach dem Woher und dem Wohin gibt. Das alles kann man nicht erzwingen, man kann nur immer wieder einladen und nicht resignieren „es kommt ja doch keiner mehr“. Doch, die Menschen kommen. Es ist ihnen immer noch ein Anliegen, ihr Weihnachtsfest mit dem gemeinsamen Kirchbesuch zu beginnen, es bleibt ein entscheidendes Element an den geprägten Zeiten des Lebens, bei Geburt, Hochzeit und Tod. Nutzen wir diese Chancen, seien wir offen für die Anliegen der Menschen, verbauen wir den Zugang zur Frohen Botschaft nicht durch Beschränkungen, ärgern wir uns nicht, dass Brautpaare zuerst den Raum für die Hochzeitsfeier buchen und dann erst zum Pfarrer kommen, um den Termin abzusprechen, sondern freuen uns, dass ihnen das Versprechen vor Gott etwas wert ist und bieten wir alles an, was wir haben: den Glauben an die unverbrüchliche und nie endende Liebe unseres Schöpfergottes. Es darf nicht soweit kommen, dass der Autor des eben bereits mehrfach zitierten Artikels mit einer seiner Zwischenüberschriften Recht bekommt:
„Gottesdienste werden einfach ohne Gott weitergefeiert“,
es geht nur noch um Folklore, nur noch um Tradition (auch wenn das ja schon viel ist).
Er nimmt selbst Bezug auf einen Ausspruch des Theologen Karl Rahner, der aus meiner Sicht ermutigen kann, wenn die Statistik der Kirchenbesucherzahlen immer mehr abnimmt:
„Wäre eines Tages jede Religion verschwunden und sogar das Wort Gott vollständig ausgetilgt, dann würde man doch dieses Wort neu erfinden für das namenlose Geheimnis unserer Existenz“.
Ich wünsche uns allen für die kommende Woche und das neu begonnene Jahr, dass wir es schaffen, dem Geheimnis der Weihnacht und unseres Glaubens in unserem Leben so viel Raum zu geben, dass es auch für andere sichtbar und sinn-voll aufscheint. Das anders als in der – einem Zitat aus einem Gedicht von Hanns Dieter Hüsch angelehnten – Überschrift am Ende eben doch Applaus ist. Nicht für uns, nicht für unsere Kirche, sondern für Gott und für seine Botschaft!
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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